Südafrika
Upside down
July 18, 2015
Ich bin nun gut in Bloemfontein angekommen und habe nun auch schon die erste Woche Praktikum hinter mir. Nachdem ich im Vorfeld ein bisschen Sorgen ob der Sicherheitslage in Johannesburg hatte, war ich froh, dort einen Couchsurfer gefunden zu haben. Er holte mich am Bahnhof ab und brachte mich dann im Auto zu sich nach Hause in seine gated community (die Schranke öffnet sich nur nach Fingerabdruckscan und zusätzlich gibt es noch 24h-Wachschutz). Im Auto hat er mir beigebracht, dass man vor dem Losfahren immer alle Türen von innen verriegeln muss, da es wohl häufig vorkommt, dass an roten Ampeln die Türen aufgerissen und herumliegende Wertgegenstände gestohlen werden. Er hat sich auch an jeder Ampel etwas paranoid nach allen Seiten umgeschaut, ob sich wer nähert. Aber zusammenfassend meinte er, dass er sein ganzes Leben in Südafrika lebt und ihm noch nie etwas passiert ist – solange man wachsam ist und sich nicht fahrlässig in Gefahr begibt.
In Bloemfontein hingegen ist die ganze Situation etwas entspannter, sowohl nach Aussage von Reiseführern als auch von Einheimischen. Was allerdings nichts daran ändert, dass alles, was ein bisschen wichtig ist oder Wert hat, eingezäunt und mit Stacheldraht gesichert ist. Und draußen rumlaufen sollte man bei Dunkelheit auch nicht mehr als unbedingt nötig, was aber auch nicht so schlimm ist, da ja gerade Winter ist und es nachts doch recht frisch wird (zwischen 0 und 8 Grad).Tagsüber hat dafür meistens zwischen 15 und 20 und viel Sonne.
Verlässlichen Public Transport gibt es auch hier nicht (und wohl generell in Südafrika nicht), weswegen ich bisher alles zu Fuß laufen musste oder bei meiner Vermieterin mit dem Auto mitfahren konnte (sie arbeitet zum Glück auch in der Uni). Nächste Woche bekomme ich dann hoffentlich ein Fahrrad geliehen.
Das Praktikum hat zwar theoretisch diese Woche angefangen, aber praktisch war die zuständige Professorin kaum da und ich habe mich vor allem mit Einlesen, Kennenlernen und administrativen Dingen beschäftigt (um meine Zugangskarte zu bekommen, musste ich z.B. zu ungefähr zehn verschiedenen Stellen laufen :-)). Da es große Probleme mit Arbeitslosigkeit gibt (um die 30 %), ist eine gewisse Tendenz zu erkennen, möglichst viele Stellen zu schaffen, auf alle Fälle mehr, als nach deutschen Effizienzmaßstäben nötig wären 🙂
Vorgestern habe ich auch schon mein erstes “load shedding” erlebt: Aufgrund einer fehlerhaften Energiepolitik gibt es nicht genügend Kraftwerkskapazitäten, um den Bedarf zu stillen. Um die Netzstabilität zu gewährleisten, wird reihum in jedem Bezirk mal der Strom abgestellt (man kann die Zeiten vorher im Internet einsehen). Meistens ist das nachts, ein- zweimal pro Woche aber auch zu “Wachzeiten”. Gestern abend war es z.B. von 18-20.30 Uhr, wo es hier ja schon dunkel ist. Es gibt zwar Lampen mit Akku, aber der hält nicht für die ganze Zeit (zumindest bei meiner), sodass es irgendwann heißt: Dunkelheit oder Kerzenromantik.
Interessanterweise ist vom load shedding auch nicht die Uni ausgenommen, wie ich es eigentlich erwartet hätte. Einer meiner Betreuer hat mir eine Grafik gezeigt, die den Zeitverlauf seines letzten Experiments darstellt. Die Kurve verläuft sehr glatt, bis sie auf einmal einen unerklärlichen Ausschlag hat – er meinte, dass sich das nur mit load shedding erklären lässt, wodurch die Pumpe des Experiments ausgefallen ist. Irgendwie hätte ich aus solchen Gründen gedacht, dass sie load shedding auf Wohngebiete beschränken und Forschungseinrichtungen etc. ausschließen, aber anscheinend ist die Stromlücke zu groß. Probleme gibt es potentiell auch für die Hausbesitzer, die sich hinter Elektrozäunen verschanzen. Aber die haben dann dafür meistens auch eigene Dieselgeneratoren.